MdB-Otten

„Ich kann mich nicht erinnern.“

Dieser Satz wird als Ergebnis des Untersuchungsausschusses zur Berateraffäre im Verteidigungsministerium in Erinnerung bleiben. Doch die partielle Amnesie manch eines hochdotierten Entscheidungsträgers ist nur die Spitze eines Eisberges aus Vetternwirtschaft, Unvermögen und Fahrlässigkeit. Schlimmer wiegt die Machtlosigkeit eines Untersuchungsausschusses, der ständig gegen sich, gegen die Zeugen und gegen das Bundesverteidigungsministerium kämpfen musste. So war nicht nur der Aufklärungswille bei manchem Abgeordneten schwach ausgeprägt, sodass sogar der Vorsitzende zur Ordnung rufen musste, sondern auch unzählige Aktenstücke wurde erst nach ausgiebigen Schwärzungen herausgegeben. Die schiere Menge des zu sichtenden Aktenmaterials schien grenzenlos. Und in dem Maß, wie die Entscheidungsbefugnis in der Hierarchie des Verteidigungsministeriums zunahm, nahm die Verantwortung für Entscheidungen ab. Was bleibt ist ein Verdacht, der das schlechteste Licht auf Pflichtgefühl und Verantwortungsbewusstsein einer politischen Führungsschicht wirft. Nun geht unsere Arbeit in die Schlussphase. Letzten Donnerstag war die ehemalige Rüstungsstaatssekretärin, Frau Dr. Katrin Suder, als Zeugin geladen – eine Ex-Top Managerin bei McKinsey, Duz-Freundin Ursula von der Leyens und Schlüsselfigur für das Beraterwirrwahr im Ministerium. Kaum war sie im Amt, prangte der Name von zahlreichen lieben Bekannten aus Beraterzeit an den Türen im Verteidigungsministerium oder sie wurden an die Spitze einer Bundeswehr-Tochterfirma gesetzt. Auf investigative Fragen von mir zeigte sich Frau Dr. Suder genervt oder reagierte arrogant. Sie stritt den offensichtlichen Einfluss von Kennverhältnissen auf Vergabeentscheidungen strikt ab. Wurden die Fragen zu bohrend, riet ihr Anwalt zur Standardantwort: „Ich kann mich nicht erinnern.“ Mitte Februar kommt als letzte Zeugin die damalige Verteidigungsministerin und heutige EU-Kommissionspräsidentin, Frau Dr. Ursula von der Leyen, zur Zeugenbefragung in den Ausschuss. Es ist eine alte Tradition im Militär: Wer die Führung innehat, der muss für Versagen geradestehen. Sie muss beantworten, warum sie als politisch verantwortliche Ministerin vor der offensichtlichen Vetternwirtschaft im Bundesministerium der Verteidigung die Augen verschlossen hat. Es wird sich zeigen, zu welchen Erinnerungsleistungen die heute wichtigste Repräsentantin der EU fähig ist, wenn es um die eigene Verantwortung geht.