MdB-Otten

Plenarrede von MdB Otten (Oberst a.D.) über die Entschädigung und Rehabilitierung von Soldaten

21. Mai 2021 Von Gerold Otten

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Der Bundestag soll bei diesem Tagesordnungspunkt über zwei Gesetzentwürfe der Bundesregierung abstimmen. Es geht dabei einerseits um gesetzliche und verfahrenstechnische Anpassungen im Soldatenversorgungsrecht, andererseits um einen Gesetzesantrag mit dem Zweck, eine Rehabilitierung von Soldaten zu erreichen, die bis in das Jahr 2000 aufgrund ihrer homosexuellen Orientierung oder ihrer geschlechtlichen Identität dienstrechtliche Nachteile in Kauf nehmen mussten. Beides sind Initiativen, die wir begrüßen. Wir kritisieren aber, dass hier en bloc über zwei Gesetzesanträge abgestimmt werden soll, die inhaltlich grundverschieden sind. Sie verdienen es eigentlich, gesondert behandelt zu werden.

Der Gesetzentwurf der Bundesregierung über die Entschädigung der Soldatinnen und Soldaten und zur Neuordnung des Soldatenversorgungsrechts soll unter anderem für eine transparente Kommunikation der Ansprüche von Soldaten sorgen und neben einer systematischen Neuordnung die Entbürokratisierung und Digitalisierung des Verfahrensablaufs erreichen. Das soll die Fallbearbeitung beschleunigen und die entsprechenden Prozesse verbessern. Das ist grundsätzlich zu begrüßen.

Was nun aber die Rehabilitierung homosexueller Soldaten und die Änderungsanträge der FDP betrifft, möchte ich hier einige grundsätzliche Anmerkungen machen:

Wenn gesellschaftliche Erinnerungen sich vorwiegend auf Unrecht beziehen, dann wird der Bezug auf die kollektive Vergangenheit negativ. Geschieht das, dann kommt der Gegenwart die Orientierung abhanden, und sie findet nur noch Halt in einem Hypermoralismus, der selber keine Maßstäbe mehr hat. Das schrieb sinngemäß bereits 1999 der französische Philosoph und Autor Alain Finkielkraut. Diese Maßlosigkeit zeigt sich hier vor allem anhand der Überheblichkeit der heutigen Politikergeneration und der Historikerkaste.

Die Anträge der FDP stehen dafür und das vom vormaligen Militärgeschichtlichen Forschungsamt erarbeitete Dossier ebenso. Beide verkennen, dass auch dienstrechtliche Entscheidungen der Vergangenheit – darum geht es ja beim Erlass von 1984 – immer nur aus ihren Zeitumständen verstanden werden können. Es ist zwar politisch richtig, dass die damalige Realität heute als Fehler bewertet wird. Historisch betrachtet ist es aber Fakt, dass bis weit in die 80er-Jahre hinein ein anderes gesellschaftliches Klima herrschte als heute.

Homosexualität bei Vorgesetzten wirkte achtungsmindernd auf Untergebene, störte das Vertrauen und stellte daher letztlich die Funktionsfähigkeit der militärischen Organisation infrage. Das war eine Kernaussage des Professors Metzger in der öffentlichen Anhörung. Es ist doch beschämend, dass ein Jurist dem Bundeswehrhistoriker des ehemaligen Militärgeschichtlichen Forschungsamts zeigt, wie Geschichtswissenschaft funktionieren sollte. Der Antrag der Bundesregierung betont ausdrücklich den pauschalen Charakter der monetären Kompensation und lässt daher Beantragungshürden auch bewusst niedrig. Das ist gut so und sollte auch so bleiben. Die vorliegenden Anträge der FDP dienen dagegen nicht gerade dem Bürokratieabbau in der Bundeswehr und eröffnen Missbrauchsmöglichkeiten bei der Antragstellung, und das nur, weil Sie hoffen, so könnten Sie bei Ihrer Klientel in der entsprechenden Community punkten – auf Kosten der Steuerzahler natürlich. Das lehnen wir selbstverständlich ab.

(Beifall bei der AfD)

Meine Damen und Herren, die Soldaten schwören, unserem Land treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen – die Ministerin hat es eben auch schon vorgetragen –, nötigenfalls auch unter dem Einsatz von Leib und Leben. Eine anständige Besoldung und adäquate Fürsorge des Staates sind daher das Mindeste, was wir ihnen schuldig sind. Wahr ist aber auch, dass Soldaten einer ideellen Rekompensation bedürfen, die in Geldwert nicht gemessen werden kann. Dem widerspricht aber die Realität in diesem Land. Links-grüne Medien und weite Teile des gleichen politischen Spektrums stehen der Bundeswehr und den Soldaten ablehnend bis feindlich gegenüber. Stichworte sind hier re:publica, der Umgang mit Jugendoffizieren oder KSK sowie militärisches Selbstverständnis und militärische Traditionen. Ganz oben steht eine politische Führung, die sicherheits- und verteidigungspolitisch ziel- und planlos agiert – anders als die israelische Regierung und die Israel Defense Forces, denen ich an dieser Stelle meine ausdrückliche Unterstützung zusichere und denen ich, wie mein Kollege Lucassen gestern schon, viel Erfolg im Kampf gegen die Hamas-Terroristen wünsche. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

 

(Beifall bei der AfD)