MdB-Otten

Plenarrede von MdB Gerold Otten (Oberst der Reserve a.D.) zum Bundeswehreinsatz in Südsudan (UNMISS)

18. März 2022 Von Gerold Otten

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!

Auf die humanitäre Katastrophe im Südsudan wurde schon mehrfach hingewiesen. Wirkliche Fortschritte im Land gibt es nicht. Immerhin wird es als Erfolg gewertet, dass es im vergangenen Jahr zu keinem erneuten Ausbruch von größeren Kampfhandlungen zwischen den Konfliktparteien gekommen ist.

Mir persönlich ist das allerdings deutlich zu wenig; denn die augenblickliche Neusortierung der Milizen im Südsudan lässt nichts Gutes für die friedliche Zukunft erahnen. Im Gegenteil: Ich fürchte, der Frieden hält nur so lange, wie Schurken wie Salva Kiir, Riek Machar und das ganze Heer von regionalen Milizenführern weiter davon profitieren können. Diese haben die ethnischen Spannungen befeuert und ausgenutzt. Sie haben das rohstoffreiche Land zu ihrem eigenen Zweck ausgeplündert, aber auch für ihre bewaffnete Gefolgschaft, auf deren Loyalität sie angewiesen sind.

Hoffnung ruht nun auf der Umsetzung des bereits 2018 beschlossenen revitalisierten Friedensabkommens. Mit ihm steht oder fällt die friedliche Zukunft des Landes. Bei einem realpolitischen Blick auf die Situation und die Lage im Südsudan muss man aber konstatieren, dass das Abkommen leider keine Zukunft hat. Glaubt denn wirklich jemand, dass die Warlords im Südsudan auf ihre wichtigste Machtquelle, nämlich ihre Gefolgsleute, verzichten werden oder dass sich diese Banden gerne in die Streitkräfte oder in die Polizei eingliedern lassen? Und selbst wenn: Ist es nicht geradezu naiv, zu glauben, dass diese ehemaligen Kämpfer schlagartig zu guten Soldaten oder hilfsbereiten Polizisten mutieren? Das sind nämlich dieselben Verbrecher, die über Jahre raubend, mordend und vergewaltigend die Bevölkerung im Land terrorisiert haben.

Glaubt die UN wirklich, dass die Anführer der Milizen an der Aufstellung von unabhängigen Gerichten ein Interesse haben, an Gerichten also, die später ihre Taten untersuchen und Urteile fällen sollen? Glaubt man wirklich, die gegenwärtigen Machthaber werden ihre Macht im Zuge demokratischer Wahlen aufgeben? Diese Kriminellen wissen doch genau, dass sie keine Mehrheit haben. Da geschieht auch nichts zur Vorbereitung von Wahlen. Deshalb wurden sie kürzlich auch verschoben und das sicherlich nicht zum letzten Mal. Meine Damen und Herren, ich möchte in dem Zusammenhang auf die Aussage von Stefano Temporin, dem Landesdirektor der Welthungerhilfe im Südsudan, hinweisen. In einem Interview beklagt er den fehlenden politischen Willen zur Durchsetzung des revitalisierten Friedensabkommens. Er sagt, es werde sich nichts bessern, bis – Zitat – „etwas Drastisches geschieht und die beiden wichtigsten Führungspersonen im Staat ihr Amt abgeben“. Aber ein freiwilliger Rücktritt von Kiir oder Machar ist nicht zu erwarten. Im Gegenteil: Kiir hat schon angekündigt, dass sein Rücktritt blutig werden würde. Meine Damen und Herren, wenn wir von der Alternative in dieser Debatte von deutschen Interessen sprechen, entgegnen wir damit Ihrem entgrenzten Verantwortungsbegriff, der sich auch wieder bei diesem Mandat zeigt. Er belastet nämlich uns mit einer Verantwortung, die zuallererst bei der politischen Führung des Südsudan liegt. Ändert sich hier nicht grundlegend etwas, werden wir auf Jahre ohne Lösungsansatz vor denselben Problemen stehen.

(Beifall bei der AfD)

Wir sollten uns daher nicht von den Möglichkeiten von UNMISS, des revitalisierten Friedensabkommens oder des vernetzten Ansatzes täuschen lassen. Im Endeffekt dient UNMISS dazu, die Bevölkerung des Südsudan vor ihren Machthabern zu schützen. Die Existenz dieser Mission erinnert diese daran, dass die Welt ihnen auf die Finger schaut. Ebenfalls bietet UNMISS einen relativ guten Schutz für die Arbeit der Hilfsorganisationen im Land, und sie zeigt den Einwohnern, dass der Südsudan eine bessere Zukunft haben kann – das aber nur, wenn die gegenwärtigen Machthaber weg sind und wenn die Zerrissenheit der Gesellschaft endlich ein Ende findet. Solange das aber nicht geschieht, wird der Südsudan in einem Teufelskreis aus Gewalt, Armut und Hunger gefangen bleiben. UNMISS kann dazu beitragen, den Menschen im Südsudan eine Zukunft in ihrer Heimat zu bieten und ihnen Wege aus diesem Teufelskreis zu zeigen. Daher stimmen wir dem Mandat zu. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der AfD)